14. Februar 2009

Der Knochenmann

Die Josefs Hader und Bierbichler in Höchstform

Kongeniale schwarze Krimikomödie aus Österreich


Der Brenner (Josef Hader) hat einen neuen Job. Nachdem er vom Kommissar zum Krankenwagenfahrer und dann noch weiter abstieg, überbringt er jetzt Mahnungen an Menschen, die ihre Leasingraten nicht bezahlen. Der Berti (Simon Schwarz) ist jetzt sein Boss und zürnt mitunter, wenn der Brenner sich verspätet. Brenner kann ohne Übertreibung als abgewrackt bezeichnet werden, aber er löst immer noch Mordfälle auf seine eigene Art. Oder besser: Die Fälle lösen sich um ihn herum von selbst. Dabei lässt er mehr als nur Federn. Aber fangen wir besser vorne an.

Ein Lude fällt aus dem Fenster eines slowakischen Bordells, nachdem er einer Insassin zu Hilfe eilen wollte. Ein Anderer flieht mit dem Auto. Der Oberlude lässt das zu. Schnitt.
Brenner soll also Geld von einem Künstler namens Horvath auf dem Lande eintreiben. Schon auf der Hinfahrt in die gehasste Provinz fliegt ihm das Kabriodach weg. In der Backhendlstation des Metzgers Löschenkohl (Bierbichler) will dann aber niemand den Horvath kennen. Also quartiert sich Brenner dort ein und wird in die Familientragödie hineingezogen. Die funktioniert wie folgt: Der Sohn des Wirts will endlich wissen, wohin der Vater das Geld schafft. Pauli (Christoph Luser) möchte selber das Gasthaus übernehmen. Währenddessen schäkert Brenner mit der Paulis Frau Birgit (Minichmayr), der Bardame. Löschenkohl benutzt im Keller eine Knochenmehlmaschine, in der die Überreste der Mahlzeiten ihre Reise zurück in die Mägen der nächsten Hühnergeneration antreten. Aber der freundliche Wirt trägt Geheimnisse mit sich herum, die einen „Grenzverkehr“ betreffen und den Oberluden Igor auf den Plan rufen. Dann passieren einigen Leuten unschöne „Unfälle“, während Brenners Hormone der Birgit wegen ganz vertrüselt sind. Schon tritt die schöne Valeria neben Löschenkohl auf und verkompliziert die Sache. Als Brenner einen Finger in Abfluss neben der Maschine findet, erwacht der Detektiv in ihm.
Man möchte ungern mehr Details preisgeben, den die Charaktere leben ja von den Überraschungsmomenten und der Gefahr.

Man darf sich gerne an DELIKATESSEN erinnern, obgleich die Konstellation der Figuren völlig anders ist. Mit DER KNOCHENMANN liefert Wolfgang Murnberger ein weiteres Sahnestückchen für das Panorama der Berlinale 2009, das danach direkt ab 19. Februar in die regulären Kinos kommt.
Man beginnt, sich zu fragen, warum die Deutschen keine solchen Filme hinbekommen, von Ausnahmen mal abgesehen. Aber der Kabarettist Josef Hader füllt die von Wolf Haas geschriebene Figur des Brenner derartig brillant und lakonisch aus, dass im Kinosaal kein Auge trocken bleibt. Mit dem großen Josef Bierbichler an seiner Seite gelingt ein Abenteuer, bei dem man außer Gags und Fleischereiabfällen auch noch einer Romanze beiwohnen darf und einen Transsexuellen trifft. Alles ist motiviert und tragikomisch und im richtigen Tempo erzählt. Sowohl Schauspiel als auch Bildauflösung überzeugen und werden von Profis inszeniert. Ernst wechselt sich mit Ulk ab, so dass man noch mehr davon haben will, wenn der Abspann vorbei ist. Brenner zu spielen ist die Lebensaufgabe für Hader geworden, den er sich auch gleich selbst auf den Leib schreibt.

Bewertung: * * * * *

Land:Österreich
Jahr:2009
Regie:Wolfgang Murnberger
Mit:Josef Hader, Josef Bierbichler, Birgit Minichmayr, Simon Schwarz, Stipe Erceg
Buch:Josef Hader, Wolfgang Murnberger, Wolf Haas
Produzent:Danny Krausz & Kurt Stocker
Kamera:Peter von Haller
Musik:Sofa Surfers
Dauer:121 min
Film im Internet:http://www.knochenmann-derfilm.de
Produktionsfirma:http://www.dor-film.com
Kinostart:19.02.2009
Rezensent:Dave

31. Januar 2009

The Yes Men Fix the World

Wirtschaft übernimmt erstmals volle Verantwortung

Halliburton löst das Problem der globalen Erwärmung

Es gibt zwei Komiker, die sich immer noch nicht stillschweigend mit dem Zustand der Gesellschaft abfinden wollen. Sie grübeln kurz und entlarven Wirtschaftsinteressen und Umweltsünden mit abstrusen Medienaktionen. Dazu mischen sie sich wie schon in ihrem Film von 2004, der ebenfalls auf der Berlinale im Panorama lief, direkt unter die Profiteure der Deregulierung. Mike und Andy geben sich als Vertreter großer Firmen aus und halten dann in deren Namen eigentümliche Vorträge auf Wirtschaftskongressen.
Sie entwickeln Kerzen, in die menschliche Haare eingearbeitet sind, um diese auf einem kanadischen Symposium zu verteilen. Gleichzeitig präsentieren sie dann eine neue Exxon-Technologie, in der Klimawandelopfer zu Bio-Energie recycelt werden können.
Auch basteln sie einen Überlebensanzug, der wie ein Ballon aussieht und angeblich vor Terroranschlägen schützen soll und Chemiewaffen. Vor Vertretern der Versicherungsbranche führen sie diesen teuren Halliburton-Anzug vor und behaupten, man könne damit aus Hochhäusern springen.
Die Yes Men beherrschen die Sprache und den Duktus dieser Veranstaltungsform so gut, dass sie meistens ausreden können, bevor man sie des Saals verweist. Damit kommen sie dann in die Nachrichten. Für dieses Projekt haben sich die Yes Men mit dem Dokumentarfilmer Kurt Engfehr zusammengetan, der zwei Filme von Michael Moore schnitt und co-produzierte.

Auch führen die sympathischen Herren Interviews mit hochrangigen Vertretern kapitalistischer Interessen aus konservativen Think-Tanks oder nutzen das Internet, um Kumpaneien und Korruption zu entlarven. Oftmals sagen dann Vertreter der Hochfinanz und des elitären Geldadels direkt in die Kamera, wie sie agieren und machen sich so lächerlich. Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger bekommen im Archivmaterial ebenso ihr Fett weg wie derzeit in der US amerikanischen Administration Arbeitende.

Einer der spektakulärsten Stunts der Yes Men funktioniert so: Andy gibt sich in einem BBC Fernsehstudio als Sprecher von DOW aus. Diese Firma kaufte einst eine Fabrik in Bhopal (Indien) auf, in der vor 20 Jahren der weltgrößte Chemieunfall passierte, bei dem Tausende starben und bis heute die Gene verseucht sind. Andy verkündet, dass DOW ein milliardenschweres Hilfsprogramm starte, woraufhin binnen zwei Stunden die Aktienkurse in den Keller fallen und DOW zwei Milliarden Dollar verliert. Die Yes Men reisen dann nach Indien und fragen die Betroffenen, ob sie ihnen diesen Medienspaß übel nehmen. Die Antworten sind sehr erhellend und sollen hier nicht verraten werden.

Dieser höchst festivaltaugliche Dokumentarfilm ist unterhaltsam und entlarvt Gier als das Zentrum der Wirtschaftswelt. Die Gonzo-Politikaktivisten haben keine Angst vor Behörden und Sicherheitskräften. Wir Zuschauer bangen um diese Clowns. Mit billigen Anzügen und falschen Identitäten schaffen sie es immer wieder auf die Rednerpulte und düpieren ihre Feinde, die ja letztlich die Produkte schaffen, die wir alle konsumieren. Aktuelle Bezüge zum Hurrikan Katrina und einer hinterlistigen Immobilienpolitik gegen die arme Bevölkerung aus New Orleans fließen ebenso in den Film ein wie Barack Obamas Wahlsieg. Sollte eines Tages eine Zeitung gedruckt werden, in der nur gute Neuigkeiten stehen, dann haben die Yes Men bestimmt ihre Finger im Spiel. 

Bewertung: * * * *

Land:USA
Jahr:2009
Regie:Mike Bonanno, Andy Bichlbaum, Kurt Engfehr
Mit:Mike Bonanno, Andy Bichlbaum
Buch:Mike Bonanno, Andy Bichlbaum
Produzent:Doro Bachrach, Ruth Charny, Laura Nix

Musik:Neel Murgai, Noisola
Dauer:85 min
Film im Internet:http://theyesmen.org/theyesmenfixtheworld
Produktionsfirma:http://www.theyesmen.org
Kinostart:06.02.2009
Rezensent:Dave