6. Februar 2008

LOVE, PEACE & BEATBOX

Technik im Mund

Das 5. Element des HipHop

Es gab eine Zeit, gerade mal um die 20 Jahre her, da wurde es möglich, Perkussion mit Maschinen zu erzeugen. Fortan war man nicht mehr auf Schlagzeuger angewiesen, wenn man Rhythmusgeber brauchte. Elektronische Musikrichtungen wie Breakbeat, Acid, House und HipHop bedienten sich dieser Drum-Machines und anderer Synthesizer, um Klänge zu kreieren, die immer komplexer und vertrackter wurden.

Wie es scheint, ist die Technik zurück in den Mund gewandert. Ausnahmetalente vermögen es, ebenjene hochkomplizierten Klangmuster (patterns) mit ihren Lippen, Zungen und Stimmen nachzuahmen. Sie brauchen weder DJ noch Instrumente oder MC um eine frenetische Fangemeinde zum zappeln zu bringen. Human Beatboxing geht weit über bloßes Bum-Tschack-Bum-Zik-Zikk hinaus. Über Mikrophone und Verstärker entlocken sich die Mundmusikanten unfaßbare Geräusche, die auch Scratches, Basslinien und natürlich Vocals beinhalten. Daher bezeichnen sie sich selbst als das fünfte Element des HipHop.

Volker Meyer-Dabisch und vier Kameramänner begleiteten eine Handvoll enthusiastischer Beatbox-Großmeister zwischen den Meisterschaften 2006 und 2007 in Berlin. Sie tragen Künstlernamen wie Mando, Wetlipz, Clorophil, BeeLow, Zeero, Tobi oder Ro Beat. Charme und Szeneweisheit aus dem HipHop-Milieu versprühen sie in Interviews und bei Auftritten so unterhaltsam, daß man dem Filmemacher kleine Wiederholungen gerne nachsieht. Auch dem vorzeitigen Ableben des Gründers Maxim wird gedacht, was uns zeigt, daß nicht alles nur eitel Sonnenschein ist.

Was so gut wie nie vorkommt, konnte diese auf einfachem MiniDV Format gefilmte Dokumentation erreichen: Bei der Pressevorführung klatschten die Filmkritiker und probierten sogar vereinzelt ihre eigenen Lippen aus. Das überwältigend lustige und positive Gefühl, das die Jungs verbreiten, ist extrem ansteckend. Man lernt eine kleine neue Welt kennen, in der auch Selbstreflektion und Respekt herrschen, bei allem Wettkampfgetummel.

Machen Sie sich bereit auf ein Phänomen, das inzwischen schon Nachwuchstalente heranzieht und weiter wächst. Vielleicht gewinnen Ihre Kinder ja dereinst das Goldene Mikrophon, das dann gleich traditionsgemäß "eingespuckt" wird.

Auf der Berlinale 2008 läuft LOVE, PEACE & BEATBOX in den Sektionen Generation 14plus und Perspektive. 

Wertung: * * * * *

Land:BRD
Jahr:2008
Regie:Volker Meyer-Dabisch
Mit:Mando, Wetlipz, Chlorophil, Bee Low, Zeero, DJ Mesia
Buch:Volker Meyer-Dabisch
Produzent:Karl Handke
Kamera:Andreas Gockel, Ralf Netzer, Peter Sebera, Hendrick Lier
Musik: Mando, Wetlipz, Chlorophil, Bee Low, Zeero, DJ Mesia
Dauer:70 min
Film im Internet:http://www.karl-handke-filmproduktion.de
Rezensent:Dave Lojek

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