17. Februar 2010

Spur der Bären

Wie holen wir die Weltstars nach West-Berlin?

Archivmaterial und Interviews zur Berlinale-Geschichte

Pünktlich zum 60. Geburtstag zeigt eine Dokumentation die Entwicklung des mittlerweile größten deutschen Filmfestivals, das sich wacker in der Riege der A-Festivals wie Cannes und Venedig behauptet. Neben vergnüglichen Fakten, viel schwarzweiß Archivmaterial aus den frühen Jahren und Interviews mit Stars kommen auch die Probleme zur Sprache, die mitunter bis zur Auflösung von Jurys oder gar dem Festivalabbruch führten. Man zerrieb sich 1970 und 1979 über bestimmten Filmen und deren politischem wie künstlerischem Gehalt.

Sympathisch und weise plaudert Tilda Swinton auch darüber, wie sie dieses Jahr in der Forum-Sektion gerne mal die Toiletten und Kinosäle reinigen würde, nachdem sie schon Bären-Preisträgerin und sogar Jurypräsidentin war. Tom Tykwer berichtet von Marathons in den 1980ern, wo er fast ununterbrochen in den Kinos saß. Das ermutigt uns junge Filmer, es ihm gleichzutun. DDR-Produzenten kommen ebenso zu Wort wie Großmeister des Autorenfilms.

Zu den weiteren Stimmen zählen Claudia Cardinale, John Hurt, Michael Winterbottom und Wolfgang Jacobsen ebenso wie Artur Brauner, Peter Schamoni, Michael Verhoeven, Wolfgang Kohlhaase, Katrin Sass, Ang Lee und Hans - Christian Schmid. Die Festivaldirektoren Moritz de Hadeln und Dieter Kosslick teilen kleine Geheimnisse. Kosslick trifft sich kurz vor den offiziellen Auftritten mit den Stars, damit es später so wirkt, als wären sie dicke Freunde.

Außerdem sieht man in historischen Interviews Alfred Bauer, Errol Flynn und Jean Luc Godard. Roman Polanski kann leider dieses Jahr seinen Film THE GHOST WRITER nicht persönlich präsentieren, da er ja festgehalten wird in der Schweiz. Werner Herzog hingegen leitet die Wettbewerbsjury.

Man erlebt, wie ein amerikanischer Offizier 1951 das Festival befürwortete und so der Nachkriegsstadt etwas Glamour verschaffte. Viele Berlinale-Direktoren hatten ihr Amt über Jahrzehnte inne. Irgendwann vollzog sich der Wechsel vom Festival der Filmstars zu einem der Filmemacher. Man erfand schrittweise neue Sektionen hinzu, um die Bandbreite des Filmschaffens von Kommerz bis Experiment abzudecken. Nach dem Forum erschuf man das Panorama mit einem Fokus auf Queer Film. Die Wegbegleiter und Festivalmacher beschreiben anschaulich, wie sie die Berlinale erlebten und streuen viele Anekdoten ein.

Zwar ist der Frauenanteil relativ gering, doch bekommt man einen guten historischen Überflug. Bewusst verzichtet diese Dokumentation auch auf Details zu Filmen, da dies den Rahmen sprengen würde. Unaufwändig aber charmant versammelt SPUR DER BÄREN genug Material, dass man erfrischt aus dem Kino kommt und auch etwas über ein Stück Berlingeschichte lernte. Die letzten Jahre kommen zwar zu kurz, aber die haben wir schließlich selbst erlebt. Wer dennoch die Filmtitel der 6 Jahrzehnte sucht, wird auf den aktuellen Berlinaleplakaten fündig.

Originaltitel:Spur der Bären
Deutscher Titel:Spur der Bären
Land:BRD
Jahr:2010
Regie:Hans-Christoph Blumenberg
Mit:Claudia Cardinale, John Hurt, Michael Winterbottom, Wolfgang Jacobsen, Artur Brauner, Peter Schamoni, Michael Verhoeven, Wolfgang Kohlhaase, Katrin Sass, Ang Lee, Hans-Christian Schmid, Tilda Swinton, Tom Tykwer, Alfred Bauer, Errol Flynn, Jean Luc Godard, Roman Polanski
Buch:Hans-Christoph Blumenberg, Alfred Holighaus
Produzent:Martin Hagemann
Kamera:Johann Feindt, Jule Cramer


Dauer:94 min
Wertung:* * * *
 Produktionsfirma:http://www.zerofiction.eu/


Rezensent:Dave Lojek

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